»The Verdict: The Christina Boyer Case« ist eine vielschichtige Fallstudie der USA-Strafjustiz. Darin taucht der Fotograf und Künstler Jan Banning in einen drei Jahrzehnte alten Mordfall in Georgia ein. Am 14. April 1992 wurde dort die 22-jährige Christina Boyer verhaftet, weil sie ihre Kleinkindtochter Amber getötet haben soll und zu lebenslanger Haft verurteilt wurde.
Die Ausstellung und das begleitende Buch präsentieren die Ergebnisse seiner jahrelangen und umfangreichen Recherchen. Indem Jan Banning dokumentarische und inszenierte Fotos mit ausführlichen Texten kombiniert, bietet er eine detaillierte Rekonstruktion der Ereignisse rund um die Verurteilung von Christina Boyer nach dem Tod ihrer kleinen Tochter.
Jan Banning beschreibt ausführlich die kritischen Einschätzungen renommierter medizinischer Experten, übt heftige Kritik an der Rolle der Medien und zeigt seine eigene visuelle Interpretation einzelner Bestandteile der Geschichte. Jan Bannings eigene Fotografien und Texte werden ergänzt um Tagebucheinträge und Fotografien aus dem Familienalbum von Christina Boyer, wodurch ein Dialog entsteht. Außerdem beschreibt Christina Boyer in eigenen Texten die Assoziationen, die Jan Bannings Fotos des amerikanischen Südens bei ihr hervorrufen. Dadurch erhalten die Besucher einen Einblick in die innere Gedankenwelt von Christina Boyer und erfahren, wie die lebenslange Gefangenschaft die Wahrnehmung der visuellen Welt beeinflusst.
Stilistisch enthält das Projekt Bezüge zum Film Noir, zu romantischen Landschaften des 19. Jahrhunderts und zu Vanitas-Stillleben des 17. Jahrhunderts. Es wirft tiefgreifende Fragen über Objektivismus versus Subjektivismus auf. Letztendlich ist das Publikum dazu aufgefordert, sich selbst ein Urteil über den Fall zu bilden. Die Fülle der gesammelten künstlerischen Interpretationen und Dokumentationen präsentiert eine bedeutende gesellschaftspolitische Geschichte auf eine einzigartige Weise.
»Seit Jahrzehnten bewundere ich Jan Bannings sozial ausgerichtete und engagierte Porträtprojekte über niedere Berufesfelder und menschliche Bedingungen, die ansonsten ignoriert werden. Nachdem er seine respektvollen Porträts der Insassinnen des Pulaski-Frauengefängnisses fertiggestellt hatte, begann er, untypisch für seine bisherige Arbeit, ein neues Projekt über eine einzelne Insassin des Gefängnisses: Christina Boyer. Ihr herzzerreißender Fall macht mich wütend, kam aber nicht überraschend. Als Kind gemobbt und missbraucht, als Ehefrau und nun als Gefangene, ist sie eine von Tausenden von Frauen, die keine Mittel haben, denen nicht geglaubt wurde, die keine angemessene Verteidigung hatten und die härter verurteilt wurden als der Ehemann, der in diesem Fall allein schuldig war, aber inzwischen aus dem Gefängnis entlassen ist. Ich möchte, dass Christina Boyer auf Bewährung entlassen wird und die Unterstützung erhält, die sie nicht erhalten hat, um ihr Leben neu aufzubauen. Dieses bewegende Buch fordert, was für Christina getan werden sollte und getan werden könnte.«
Anne Wilkes Tucker Kuratorin Emerita of Photography, Museum of Fine Arts, Houston
Jan Banning studierte Sozial- und Wirtschaftsgeschichte an der Radboud-Universität Nijmegen und arbeitet seit 1981 als Fotograf. Ein zentrales Thema von Bannings Praxis ist die Staatsmacht, zu der er Serien über die langfristigen Folgen des Krieges und die Welt der Regierungsbürokratie produziert hat. Sein Werk »Bürokraten« gehört zu den erfolgreichsten Arbeiten eines holländischen Fotografen.
Seine Wurzeln aus der Herkunft in Indonesien drücken sich in seiner Themenwahl aus, wie z.B. über indonesische Frauen, die während des Zweiten Weltkriegs in den Comfort Women zu Prostituierten für die japanische Armee gezwungen wurden; oder ehemalige Zwangsarbeiter in Südostasien während der gleichen Zeit in Traces of War: Survivors of the Burma and Sumatra Railways; auch die Rückführung der niederländischen Molkunden-Scheien. Sein Geschichtsstudium spiegelt sich in den historischen Komponenten seines Themas wider und seine akademische Ausbildung wird in seinem Ziel ausgedrückt, fundierte intellektuelle Grundlagen für seine Projekte auf der Grundlage einer gründlichen Voruntersuchung zu erreichen.
Jan Banning: https://janbanning.com/
Ausstellungseröffnung am Mittwoch, den 27.März, 19:00 Uhr
Ausstellung vom 28. März bis 28. April
Do. - So. 12 bis 18 Uhr geöffnet
Galerie für Fotografie
Seilerstraße. 15d
30171 Hannover